Donnerstag, 26. Januar 2012

Eisbaden

Ich habe es tatsächlich getan! Allerdings gibt es keinerlei Fotos oder Videos, also wird jeder selbst die Glaubhaftigkeit meiner Geschichte einschätzen müssen.
Am 19. Januar um 0.30 Uhr haben wir uns auf den Weg an die Wolga gemacht. Außentemperatur: ca. -10° C. Wir, das waren Kevin, Yuri, Zhenya und ich. Martin hatte noch "zu viel zu tun" (nette Ausrede). Tatsächlich waren wir nicht die einzigen, die so ein verrücktes Vorhaben gestartet haben. Togliatti liegt nicht direkt an der Wolga, wie Städte im klassischen Sinne an Flüssen liegen (Hamburg, Berlin, Moskau etc.). Es liegt vielmehr neben der Wolga und zwischen beiden befinden sich mehrere Quadratkilometer Wald (die grüne Zone). Durch diese grüne Zone führt eine Straße, die normalerweise nur als Transitstrecke zwischen den Stadtteilen benutzt wird. In dieser Nacht haben am Rand der Straße überall Autos geparkt, von Menschen, die Eisbaden wollten.
Auch wir haben unser Auto an der Hauptstraße stehen lassen und haben uns an den Abstieg an die Wolga gemacht. Unten am Flussufer angekommen haben wir erst mal schadenfroh all diejenigen betrachtet, die mit ihrem Auto direkt bis ans Ufer fahren mussten und jetzt auf den kleinen Seitenwegen natürlich in endlosen Staus standen. Kurz darauf mussten wir allerdings selber warten. Die Polizei hat nämlich immer nur eine gewisse Anzahl an Personen aufs Eis gelassen - der Rest musste warten. Nach einer halben Stunde Wartezeit in eisiger Kälte durften wir endlich aufs Eis.
Blick auf die Wolga bei Tage

Das Eisloch selbst war ungefähr 1,5 x 2 m groß. Letztendlich war es dann natürlich doch nicht kreuzförmig, sondern es stand nur ein Kreuz davor. In das Loch herein hat eine Treppe geführt und außen herum standen Tannenbäume als Windschutz. Das ganze schön beleuchtet und nebenan noch ein Zelt - zusammen mit den ganzen Leuten ist fast ein bisschen Volksfeststimmung aufgekommen (zumal viele der Leute sich schon etwas Wärme angetrunken haben).
Wie im tiefsten Sibirien :)
Als ich mich erst einmal ausgezogen hatte, ging es ganz schnell. Normalerweise sollte man in das Eisloch steigen und drei mal komplett untertauchen. Einige haben das auch sehr exzessiv praktiziert (eintauchen, unzählige Male bekreuzigen, wieder eintauchen, bekreuzigen usw.). Auf das Kopfeintauchen habe ich verzichtet, weil ich Angst hatte, dass mein Haar dann in kürzester Zeit einfriert und ich stundenlang mit gefrorenen Haaren rumlaufe. Ich bin nur kurz rein und wieder raus. Dem Eisloch entstiegen stellt sich das unglaublichste Gefühl ein. Es ist, als ob der Körper auf einmal auf Hochtouren läuft. Mir war so war, dass ich locker noch eine Weile auf dem Eis hätte rumlaufen können. Das habe ich dann auch erst mal ganz unbedarft gemacht, weil sowohl meine Zehen als auch die Gummiriemen von meinen Flip-Flops steifgefroren waren, weshalb ich nicht in selbige reinschlüpfen konnte. Ich habe also erst einmal eine Runde barfuss auf dem Eis gedreht. Zhenya hat mir nur schnell sein Handtuch hingeworfen "Stell dich darauf!" Als ich halb angezogen war, habe ich festgestellt, dass ich noch meine nasse Badekleidung anhatte, weshalb ich mich nochmals umziehen musste. Aber mir war so warm, dass mir das alles gar nichts ausgemacht hat.
Das Schlimmste an dem Abend war letztenendes der Aufstieg zurück zur Straße. Diejenigen, die vor einigen Jahren mit mir den Aufstieg auf die Turda-Schlucht gemacht haben, wissen um meine Bergsteigerkünste. Jetzt war es zwar nicht Sommerhitze, ich bin mittlerweile etwas besser trainiert und der "Aufstieg" war auch nicht ganz so lang, aber dafür ging es durch tiefen frischen Schnee, ich hatte drei Schichten Kleidung an und war mit drei Leuten unterwegs, die den Berg am liebsten hochgerannt wären - der reinste Horror für mich Flachlandkind.

2 Kommentare:

  1. Hallo,

    gibte es eigentlich Probleme mit der Kälte, die neben schlechten Verkehrsverähltnissen und die Kleidung betreffen, auch andere Schwierigkeien. Z. B. frieren auch Wasserleitungen ein? was passiert denn, wenn die Heizung ausfällt?

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    1. Hallo Anonym (wer auch immer du sein magst),
      Hier gibt es (im Vergleich zu Deutschland) eigentlich kaum Probleme mit dem Winter. Selbst für den Verkehr stellt der Schnee kein Problem dar, weil alles immer schnell geräumt wird und Kleidungsprobleme hat nur, wer sich nicht warm genug anzieht.
      Aber bis jetzt war es auch noch nicht wirklich kalt. Tagsüber ist es immer um -15 und in der kältesten Nacht waren es -25. In den nächsten Tagen wird es angeblich kälter. Laut den Russen ist es bis -35 Grad gut aushaltbar, aber bei -40 wird es langsam ungesund längere Zeit draußen zu sein (Haut platzt auf etc.). Zur Zeit hält man es noch gut draußen aus, solange man in Bewegung bleibt und drinnen ist hier sowieso immer sehr gut geheizt (egal ob kleine Wohnung oder große Sporthalle). Bis jetzt gibt es noch keinerlei Probleme mit Wasser oder Heizung und ich habe auch noch nicht davon gehört, dass es in den letzten Jahren Probleme gab.

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