Donnerstag, 26. Januar 2012

Essen Teil 3: Kantinen

Seit ich hier bin, esse ich ziemlich häufig in Kantinen. Weil es günstig ist oder weil mir nichts anderes übrig bleibt.
Mein eindeutiger Favorit ist die Mensa der Uni. Es gibt eine große Auswahl an traditionellem russischen Essen, so dass man sich für wenig Geld ein leckeres Menü zusammenstellen kann.
Worunter ich echt leide, ist das Schulessen. Es gibt in Russland Ganztagsschulen und deshalb auch Schulverpflegung. Da auch wir ganze Tage an unserer Schule verbringen, ist es leider die einzige Möglichkeit Nahrung zu sich zu nehmen. Die Versorgung läuft hier anders als ich es zum Beispiel noch aus Frankreich in Erinnerung habe. Dort gab es um die Mittagszeit eine lange Pause (2 Stunden) für alle Schüler, in der gegessen werden konnte. Hier müssen die Schüler in den regulären Pausen essen. Und die regulären Pausen dauern für gewöhnlich 15 Minuten. Eine Jahrgangsstufe nach der anderen wird durch den Speisesaal geschleust, beginnend mit den jüngsten bis hin zu den ältesten. Interessant ist dabei die Organisation: Aus den verschiedenen Klassen werden vor dem Essen einzelne Personen entsandt, die den Speisesaal vorbereiten - Besteck und Essen auf den Tischen verteilen - und am Ende alles wieder sauber machen. Dann bringen die Klassenlehrer ihre Klassen zur "Fütterung" und anschließend werden dann noch kurz die Hände gewaschen bevor es weitergeht mit dem Unterricht.
Das typische Schulessen besteht aus einem Glas lauwarmen schwarzen Tee mit Unmengen an Zucker oder ein Glas Kompott, Suppe, einer Portion Reis/Nudeln/Kartoffelpüree/Gretschka (Buchweizen) mit Hackfleisch oder Geschnetzeltem und einer kleinen Portion in Öl-getränktem Krautsalat. Die Suppe verdient den Namen Suppe nicht wirklich, weil den Verdacht habe, dass es nur eine Mischung aus warmen Wasser und Sonnenblumenöl ist, in die irgendwer ein bisschen Kohl oder Pilze geschmissen hat. Die einzige Suppe, die wirklich Geschmack hat ist Fischsuppe, aber das ist ein Geschmack, auf den ich verzichten könnte. Das gute ist, dass selbst die fleischreichsten Suppen (z.B. Soljanka) so vegetarisch sind, dass selbst ich sie esse. Beim "Hauptgang" bin ich immer hin und hergerissen zwischen Ärger, dass ich kein Fleisch esse und dadurch eine noch kleinere Portion bekomme, und Erleichterung, dass ich die undefinierbare Masse, die das Fleisch darstellen soll, nicht essen muss. Lichtblicke sind immer das Brot und manchmal das Dessert. Das Brot ist recht frisch und man kann so viel essen wie man will, was ich dann auch mache, und das Dessert ist meistens irgendein süßes Gebäck, was von Zeiten echt lecker sein kann.
Das hört sich jetzt alles recht schlimm an. Und das ist es auch. Solange es nur zwei mal pro Woche in der Schule ist, ist das Essen tollerierbar, aber während meines Sprachcamps (Beitrag folgt demnächst) gab es eine Woche lang nur solches Essen - morgens, mittags und abends. Ich dachte nach zwei Wochen Bundeswehressen im Sommer, kann ich mich an alles gewöhnen, aber das war echt der Härtefall. Morgens gabs wahlweise Haferschleim oder Cornflakes und überbackene Wurstbrote (der Begriff "Butterbrot" wird übrigens auch im Russischen verwendet) und Mittags und Abends besagtes Kantinenessen. Zu allem Überfluss wurden im Speisesaal noch verdächtig häufig Kakerlaken gesichtet (таракан - Tarakan ist dementsprächend auch das einzige neue russische Wort, dass ich in der Zeit gelernt habe). Nach vier Tagen  bin ich dazu übergegangen das Frühstück ganz ausfallen zu lassen und vom Mittag-/Abendessen habe ich immer nur ein paar Bissen gegessen. Ich habe mich praktisch von Brot, dem Zucker im Tee, den Desserts und dem Kefir, der Abends an alle Kinder verteilt wurde, ernärt. Ich hasse Kefir! Ich habe also Essenstechnisch echt gelitten - und ich war nicht die einzige. Allen Lehrern und Teamleitern ging es so, zumal es im Umkreis von mehreren Kilometern keine Einkaufsmöglichkeit gab. Die Kinder habend sich laufend Essen liefern lassen. Von ihren Eltern oder einem Pizzalieferdienst, so dass man in den Gängen die ganze Zeit über Pizza riechen konnte.

Edit: Ich habe mir gerade noch einmal alles durchgelesen und ich habe das Gefühl, dass man mich irgendwie für verwöhnt halten könnte, zumal die russischen Kinder das ja ihr ganzes Leben aushalten. Das Entscheidende ist glaube ich, dass es unterschiedliche Essensauffassungen sind, die hier aufeinanderprallen. Wenn ich mir selbst Essen koche, muss es geschmackvoll und abwechslungsreich sein. Im besten Fall ist es auch noch gesund. Das Kantinenessen soll lediglich einen Zweck erfüllen: Möglichts schnell ernähren. Deshalb gibt es wahrscheinlich auch so wenig Gemüse und dafür viele Kohlenhydrate und deshalb ist wahrscheinlich so viel Zucker im Tee (es ist unglaublich wie satt so ein Glas Tee machen kann). Für eine Mahlzeit am Tag kann ich mich damit arrangieren, aber nicht sieben Tage lang jede Mahlzeit.

1 Kommentar:

  1. Deswegen schaue ich mir die Geschäfte, bei denen ich mir Essen liefern lasse vorher genau an. Dort muss es sauber sein und das Essen gut schmecken, dann ist man am Ende auch zufrieden.

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