Zu Weihnachtstraditionen in Russland will ich gar nicht viel erzählen. Wer interessiert ist, findet sicherlich selbst genug im Internet. Nur zum allgemeinen Verständnis: Russland ist orthodox. Das heißt, dass Weihnachten am 7. Januar gefeiert wird. Wobei feiern übertrieben ist, weil der 7. Januar wirklich nur ein religiöser Tag ist. Gläubige Menschen verbringen den ganzen Tag in der Kirche und im Fernsehen läuft ein religiöser Erbauungsfilm nach dem anderen. Für alle Nicht-Gläubigen ist es einfach nur ein normaler Tag, an dem frei ist und nichts Gutes im Fernsehen läuft. Die Tatsache, dass Weihnachten lediglich religiös ist, hat dazu geführt, dass es nicht ansatzweise so populär ist wie unser Weihnachten. Der beste Beweis ist, dass ich in der nächsten Woche in einem Sprachencamp für Kinder und Jugendliche mitarbeite, dass sich auch über den Weihnachtsfeiertag erstreckt und an dem ca. 100 Kinder und Jugendliche teilnehmen. Weihnachten wird also nur ein minder wichtiger Feiertag.
Unser Plan: Den Chance Kindern die deutsche Tradition des Pfefferkuchenhauses nähberbringen... |
... und was unsere geliebten ungeduldigen Kinder daraus gemacht haben. Es wurden dann auch gleich aufgegessen. |
Das ist wahrscheinlich der Grund, warum es für Russen schwierig ist nachzuvollziehen, was Weihnachten für uns bedeutet. Die meisten Leute hier wissen alles über Weihnachtstraditionen und den Ablauf der Feierlichkeiten im Westen, aber es ist für sie nur Faktenwissen. So mussten wir hart dafür kämpfen uns die Weihnachtstage frei von Arbeit zu halten und ganz gelungen ist es uns nicht. Am 24. Dezember haben wir an unserer Schule einen Vortrag über Weihnachten in Deutschland gehalten und mussten im Anschluss in traurige Gesichter gucken, als wir um 17.30 Uhr dann doch endlich nach Hause wollten und nicht noch die vierte Tasse Tee trinken wollten. Unsere Freunde schienen auch alle besorgt um uns und haben uns ständig gefragt, wo wir denn am Heiligen Abend feiern. Dass wir einfach nur zu Hause sitzen und die Ruhe genießen wollten, konnte anscheinend niemand nachvollziehen.
Heiligabend verlief dann wie gesagt extrem unweihnachtlich. Martin war zu der Zeit nicht in Togliatti, deshalb waren Kevin und ich alleine zu Hause. Nachdem wir den halben Tag gearbeitet haben, gab es zu Hause Kartoffelsalat (von Kevin gemacht). Nicht ganz mein Weihnachtsessen, aber ich glaube es wäre auch schwierig geworden einen ganzen Puter zuzubereiten. Zumal ich den ja selbst gar nicht esse. Nebenbei musste ich noch dafür kämpfen, dass neben der ganzen über-säkularisierten-DDR-„Traditions“-Weihnachtsmusik auch ab und zu mal ein Lied gespielt wurde, das ich kenne. Neben Kevin komme ich mir immer vor wie eine konservative, religiöse, westdeutsche CDU-Wählerin. Er neigt etwas zur Ost-Verherrlichung. Nachdem mein Internet dann einen Strich durch alle meine Pläne für skype-Gespräche gemacht hat, habe ich festgestellt, dass Besinnlichkeit ohne Familie oder etwas Familienähnlichem einfach nicht funktioniert, und als dann um zehn Uhr Freunde von uns angerufen haben, und gefragt haben, ob wir Lust auf Party hätten, haben wir zugesagt. Heiligabend hat also in einem Club geendet.
Neujahrsball an unserer Schule - ziemlich professionell, jeder Tanzschulenabschlussball sieht blass aus gegen so viel Talent (und das meine ich ernst!) |
Nachdem unser Weihnachten vorbei war, ging dann praktisch noch mal die Weihnachtszeit los. Und diesmal richtig, wie man es aus Deutschland kennt. Mit Tannenbäumen, Lichterketten, Menschen, die in Supermärkten einkaufen, als wenn der Weltuntergang bevorsteht, und Weihnachtsmusik. Es ist schon sonderbar am 28. Dezember noch Jingle Bells zu hören und Leute mit Weihnachtsbäumen nach Hause laufen zu sehen. Eine Sache, die mir in der Zeit aufgefallen ist, war, das neben den üblichen Weihnachtsfiguren (Djed Maros und Snegurotschka) häufig auch ein Drache abgebildet wurde. Zuerst habe ich mir darüber weiter keine Gedanken gemacht, aber als ich dann die ersten Drachen-Kärtchen, Drachen-Kerzen, Drachen-Figürchen etc. geschenkt bekommen habe, habe ich dann doch mal nachgefragt, was all diese Drachen bedeuten. Mir wurde dann erklärt, dass nächstes Jahr nach dem chinesischen Kalender das Jahr des Drachen ist und dass dem chinesischen Kalender viel Bedeutung zugemessen wird. Ich habe dann noch versucht zu erfahren, warum denn schon zum russischen Neujahrsfest Drachen verschenkt werden, wobei das chinesische Neujahr doch erst Wochen später ist, aber dessen ist man sich in Russland entweder nicht bewusst oder man ignoriert es einfach. Das Jahr des Drachen beginnt am 1. Januar! (Ich bin hier übrigens nur von Co-Tigern umgeben und einer Ratte umgeben :))
Drachen überall, sogar auf der Torte zum Neujahrsball. (Das Bild ist leider etwas verzerrt) |
Ein Bericht über meine Neujahrsfeier folgt demnächst!
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