Montag, 19. Dezember 2011

Lost in Translation

Russland ist kein Land der Fremdsprachen.
Warum soll man auch eine Fremdsprache lernen, wenn im eigenen Land um die halbe Welt reisen kann und im eigenen Sprachkreis durch halb Europa.
Was für die Russen ziemlich praktisch ist, ist für uns als Ausländer, die kein Russisch sprechen, ziemlich anstrengend. Bei Chance in den Jugendhäusern spricht niemand Englisch und selbst unser Koordinator Yuri spricht nur gebrochen Englisch. Wir sind also immer darauf angewiesen, dass entweder Martin übersetzt oder wir uns in gebrochenem Englisch und noch gebrochenerem Russisch unterhalten können. Wenn wir uns ohne Martins Hilfe unterhalten, kommt es häufig zu Missverständnissen, die teilweise recht witzig sind. Ein besonders schönes Missverständnis verdanken wir Zhenya, dem besten Freund von Yuri, mit dem wir viel Zeit verbringen. Zu Zhenyas Verteidigung muss man sagen, dass er erst im Juli angefangen hat Englisch zu lernen - und gleichzeitig Französisch - und mittlerweile fast fließend Englisch spricht. Er hat nie einen Sprachkurs besucht, sondern sich alles nur selbst beigebracht durch Sprechen und Zuhören. Seine Grammatik ist zwar teilweise etwas verquer, aber die wird auch immer besser. Ich habe das Gefühl, dass er durch jeden Moment, den er mit uns Englischsprechern verbringt, spürbar besser wird. Er hat ein unhemlich gutes Wörtergedächtnis und ist wahrscheinlich eines der größten Sprachtalente, die ich je getroffen habe, und er ist sich selbst dessen gar nicht bewusst.
Zhenya - ein unheimliches
Sprachtalent, aber manchmal
eben doch lost in translation.
Von Zeit zu Zeit überschätzt man seine Englischfähigkeiten dann aber doch, wie in besagter Situation, die geschrieben wahrscheinlich nicht so gut rüberkommt, wie in der Realität.
Kevins Uralt-Nokia-Handy ist kaputt gegangen und da er in elektronischer Hinsicht etwas inovationsscheu ist, wollte er es reparieren lassen. Da Zhenya alles und jeden in Togliatti kennt, hat Kevin sich mit seinem Problem an ihn gewandt: "Zhenya, I have a problem and I need your help" - "Yes?" - "My cell phone (Handy) is broken." Daraufhin hat Zhenya ihn mit dem mitleidigstem und entgeistertstem Blick angesehen und gefragt: "What?!? Your Self (dein "Ich") ist broken ?!?"
Ich bin mittlerweile ganz gut darin, solche Übersetzungsbarrieren zu deuten, und habe Zhenya nach meinem ersten Lachanfall schnell klar gemacht, dass Kevin ihn nicht als Psychiater engagieren will sondern dass es nur um sein "mobile phone" geht.

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