Mittwoch, 7. Dezember 2011

Mein erster Tag als Lehrerin

In den letzten Wochen bin ich leider sehr selten zum Schreiben gekommen, weil wir eigentlich dauerhaft irgendwo eingespannt sind. Vielleicht schaffe ich es irgendwann einmal über meine ganzen Erlebnisse zu schreiben. Es war viel interessantes dabei - von Pressekonferenz bis zu Feuershows :). Jetzt kommt allerdings erstmal ein Bericht über meine heutigen ersten Tag an der школа 93 (93. Schule - die sind hier bei der Namensgebung der Schulen nicht so kreativ).
Es war schon seit Wochen geplant, dass wir hier an der Schule Englisch und Deutsch unterrichten sollen. Mitte November hatten wir ein erstes Gespräch mit dem Schulleiter, eine der Englischlehrerinnen treffen wir praktisch wöchtenlich und einiger der Schüler sind auch in unserem LingVoClub (der Englisch-Klub, den wir zwei mal pro Woche verantstallten). Eigentlich sind das alles perfekte Vorraussetzungen für eine gute Zusammenarbeit, aber eine Sache ist mal wieder dazwischen gekommen: Die russische Unorganisiertheit!
Eigentlich wollte uns eine der Englischlehrerinnen schon im November die Themen per email schicken, die in den Lehrbüchern behandelt werden, damit wir uns darauf vorbereiten können und unsere eigenen Themen darauf abstimmen können. - Die email kam natürlich nie an.
Am letzten Samstag sollten unsere ersten Stunden sein. Nach dem normalen Unterricht. Nur leider hat man wahrscheinlich vergessen den Schülern bescheid zu sagen, weshalb nur ca. 15 Leute da waren.
Bis Montag wollten uns die Lehrerinnen einen genauen Plan schicken, was wir in den nächsten Stunden machen sollen bzw. wann die Stunden überhaupt anfangen sollten. Als am Dienstag immer noch keine email da war, obwohl am Mittwoch die nächsten Stunden sein sollten, sind wir doch etwas unruhig geworden. Auf unsere Nachfrage kam dann gestern Abend um 9 Uhr eine email an, die in ungefähr folgende Aussage hatte: Macht bitte den ganzen Vormittag über was ihr wollt, mit wem ihr wollt, in welcher Sprache ihr wollt und zu euren Themen. Aber es wäre schön, wenn ihr etwas vorbereiten könntet... Wir haben dann beschlossen uns einfach mal an russiche Verhältnisse anzupassen und nichts vorzubereiten. (Im Nachhinein kann ich sagen, dass es die richtige Entscheidung war. Im Allgemeinen kann man Russland glaube ich als das Land der Improvisation bezeichnen. Jede Vorbereitung wird zunichte gemacht, weil eigentlich nie das geschieht, was man erwartet.)
Englischunterricht im Lehrer-Konferenzzimmer unter den wachsammen Blicken von Dima und Wowa (Beide sind in diesem Fall geknüpfte Teppiche und dem Putin haben sie mehr Haare geknüpft, als er tatsächlich hat (oder er hängt dort einfach schon zu lange...) Wir haben uns schon gefragt, was nach den Präsidentschaftswahlen pasiert. Ob dann wohl  Medwedew wieder neben dem Feuermelder hängen muss? Im Flur steht in vierfacher Lebensgröße auch noch eine Lenin-Büste, aber der hat jemand einen Kaugummi in die Nase geklebt.)

Nach dem ganzen Vorlauf ist der Tag dann doch ganz gut verlaufen. Wir waren von morgens um 10.00 Uhr bis Nachmittags um 15.00 beschäftigt und haben nacheinander verschiedene Unterrichtsstunden besucht. Russische Schulen sind immer Gesamtschulen, was bedeutet, dass ich heute sowohl 17-jährige Englisch-Schwerpunktschüler als auch zehnjährige Deutschschüler unterrichtet habe. Die Themen reichten dementsprechen auch von bevorzugten Musikrichtungen bis hin zu Красная Шапочка (Rotkäppchen).
Das wir uns nicht vorbereitet haben war ganz gut, da ein Großteil der 40-minütigen Stunden für die Vorstellung draufgegangen ist. Als Martin einen der eingeschüchterten 17-jährigen Schüler gefragt hat, was er nach der Schule machen möchte, habe ich aus meiner deutschen Erfahrug heraus innerlich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und gedacht: "Nein, Martin! So etwas kann man doch keinen Schüler kurz vor seinem Abschluss fragen!" Zu meiner Überraschung kam dann aber wie aus der Pistole geschossen die Antwort, dass er Ingenieurswesen studieren will. Und im Laufe eines Tages mit vielen Vorstellungsrunden musste ich feststellen, dass russische Schüler anscheinend tatsächlich mehr Probleme damit haben, ihr Hobby zu wissen, als zu sagen, was ihre Zukunftspläne sind. 
Zu einem Tag in einer russichen Schule gehört natürlich auch das Essen in der Kantine (für uns sogar vegetarisch), für das alle nur 15 Minuten Zeit haben. Und die Benutzung der Toiletten... Leider... Die haben nämlich in russischen Schulen generell keine Türen...

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