Mittwoch, 20. Juni 2012

рок над волгой

Von "Rock nad Wolgoi" wurde uns praktisch seit unserer Ankunft hier in Russland erzählt. Ein Rockfestival, das jedes Jahr in der Nähe von Togliatti stattfindet (eigentlich eher in der Nähe von Samara, aber dass verschweigt der stolze Togliattier). Nur einen Tag lang, aber dafür mit freiem Eintritt und riesig groß. Und als Headliner dieses Jahr dabei: Limp Bizkit! Ich weiß, die haben ihre besten Zeiten lange hinter sich, aber abgesehen davon war das Konzert-Highlight in diesem Jahr bisher der Auftritt der Scorpions in Samara - und die haben ihre besten Zeiten noch viel länger hinter sich.
Wir wussten also wie gesagt schon lange, dass Rock nad Wolga stattfindet, und hatten uns eigentlich auch vorgenommen hinzugehen. Trotzdem haben wir es noch verpeilt und ausgerechnet auf diesen Tag unsere Uni-lecture verlegt. Glücklicherweise hat uns noch rechtzeitig jemand darauf hingewiesen und dank der russischen Flexibilität konnten wir den Termin noch einmal verschieben.
Spontan haben wir auch noch Leute gefunden, mit denen wir hinfahren konnten: Inna und Denis, zwei Teilnehmer aus unserem Lingvoclub, mit denen wir schon öfters was unternommen haben. Um acht Uhr morgens sind wir losgefahren und nach mehreren Stunden zielloser Fahrt mit mehrmahligem Verfahren um 11 Uhr pünktlich zum Beginn angekommen. Meinen Hinweis, dass wir uns irgendeinen Anhaltspunkt suchen sollten, um unser Auto, einen beige-grauen Lada Kalina (wie fast jedes zweite andere Auto), wiederzufinden, wurde übergangen. Man kann wahrscheinlich schon ahnen worauf das nach dem Konzert hinausgelaufen ist...
 Nach ca. einer Stunde Schlangestehen extrem (siehe meine Ausführungen zum Russischen Warteverhalten im vorherigen Artikel) hatten wir es endlich auf das Gelände geschafft. Von meinen Leuten aus Togliatti waren ziemlich viele da, ich habe allerdings nicht alle getroffen, die ich treffen wollte, da das Handy-Netz chronisch überlastet war. Meine Fahrer habe ich gleich am Anfang verloren, dafür habe ich durch Zufall Mael und Zanda (der Franzose und die Lettin) getroffen, mit denen Kevin und ich fast den ganzen Tag verbracht haben. Die beiden waren mit einer Gruppe Schauspieler im Bus gekommen - ein witziger Haufen.
Von den Bands, die aufgetreten sind, kennt man in Deutschland außer Limp Bizkit wahrscheinlich nur noch Garbage und Zaz (die hatte einen großen Radio-Hit im letzten Jahr "Je veux"). Ansonsten waren es russische Bands. Besonders gut haben mir Leningrad gefallen, eine Ska-Band mit Texten, die zu großen Teilen aus Schimpfwörtern bestehen (die verstehe ich mittlerweile).
Was mich etwas überrascht hat, war der Nationalismus, der überall offen zur Schau gestellt wurde. Russland-Flaggen überall un in einer Pause wurde sogar die Nationalhymne gespielt. Aber das liegt wahscheinlich daran, dass das ganze vom Oblast Samara finanziert und organisiert wird und auch noch einen Tag vorm Nationalfeiertag stattgefunden hat. Noch krasser wurde es dann, als Alissa ihren Auftritt hatten. Klingt nach Telenovela, ist aber Altherren-80er-Glam-Rock mit starkem Hang zum Nationalismus. Da wurden dann die Russischen Flaggen von den schwarz-gelb-weißen Zarenreichsflaggen verdrängt.
Laut Zeitungsartikeln waren 306.000 Menschen auf dem Festival. Ich kann große Menschenmengen immer schlecht einschätzen, aber das kann schon hinkommen. Vor allem, weil viele Menschen speziell für ein oder zwei Bands gekommen sind und nicht den ganzen Tag über da waren.
Um 11 Uhr abends hat alles mit Limp Bizkit und Feuerwerk aufgehört. Fred Durst ist grau geworden! Und er hat doch tatsächlich versucht mit dem Publikum auf englisch zu komunizieren. Hat natürlich kaum jemand verstanden.
Irgenwo mittendrin: ich (Bild stammt nicht von mir, sondern aus dem Internet)
 Um 11 war wie gesagt Schluss. Wir sind allerdings erst um halb zwei nach Hause gefahren. Warum? Zuerst einmal hatten wir - Überraschung! - Probleme unser Auto zu finden. Danach haben wir Inna zu Fuß zum nächsten Bahnhof gebracht, da sie nach Samara fahren wollte. Ich habe ja verstanden, dass wir sie nicht alleine im Dunkeln dahin laufen lassen können. Aber der Bahnhof war vier Kilometer vom Festivalgelende entfernt. Nachdem ich schon den ganzen Tag durch die Gegend gelaufen bin, waren die acht kilometer hin und zurück der reinste Höllenmarsch. Danach sind wir, obwohl wir fast die letzten waren, die das Gelände verlassen haben, noch in einen Stau gekommen. Letztendlich waren wir um vier Uhr wieder zu Hause.

2 Kommentare: