Zeitzonen sind ein Phänomen, das man nur begreift, wenn man unmittelbar davon betroffen ist. Solange ich in Deutschland gelebt habe, wusste ich nicht einmal in welche Richtung ich Stunden dazu- oder abrechnen musste. Mittlerweile stecke ich mitten drin in der Problematik.
Ich wohne am östlichen Rand der Moskauer Zeitzone. Am westlichen Rand liegt St. Petersburg, was ungefähr 2000 km von uns entfernt ist (in ungefähr die Entfernung Hamburg-Madrid). Am Anfang meiner Zeit hier in Russland, im Winter, war ich Deutschland immer drei Stunden voraus, was sehr praktisch war zum Telefonieren, da ich häufig bis zehn gearbeitet habe und dann immer noch bedenkenlos zu Hause anrufen konnte. Dann kam in Deutschland die Umstellung auf die Sommerzeit - und die haben wir nicht mitgemacht. Russen haben mir erzählt, dass es bis vor ein paar Jahren noch Zeitumstellungen gab, die aber abgeschafft wurden. Laut Wikipedia geschah dies, um die Wirtschaftlichkeit des Landes zu steigern. Wieso Sommer- und Winterzeit ein Land unwirtschaftlicher machen ist mir immer noch unklar.
Seit der Zeitumstellung in Deutschland sind wir euch also nur noch zwei Stunden voraus. Das ist wiederum mittlerweile auch ganz schön, da so Fußball nur spät und nicht extrem spät anfängt. Die Spiele beginnen bei uns um 22.45 - ich bin im Moment also nie vor ein Uhr im Bett...
Das Bemerkenswerteste an unserer Zeitzone (und auch der Grund, warum ich den Beitrag Zeitzonen-Wahnsinn getauft habe) ist jedoch etwas anderes. Wir leben wie gesagt am östlichsten Rand der Zeitzone. Das hat zur Folge, dass es hier extrem früh dunkel wird. Um 10, maximal um 11 ist es stockduster. Dafür wird es allerdings auch extrem früh wieder hell. Um drei Uhr geht im Moment die Sonne auf, um vier Uhr ist helllichter Tag. Wenn ich also nach dem Fußball nicht sofort ins Bett gehe, ist es höchstwahrscheinlich hell, wenn ich nach Hause fahre (so wie heute, wo ich nach dem Deutschland-Spiel erst um halb fünf nach Hause gekommen bin). Am letzten Samstag haben wir nach dem Russland-Spiel noch recht lange gefeiert. OK, es gab eigentlich keinen Grund zum Feiern, weil Russland ausgeschieden war, aber es war immerhin Samstag. Als wir um fünf Uhr aus dem Club gekommen sind war strahlender Sonnenschein. Ich habe zum Spaß gesagt, dass wir theoretisch direkt zum Strand weitergehen könnten - meine Mitstreiter haben das allerdings nicht als Spaß aufgegriffen und so sind wir tatsächlich (nach kurzem Umweg zum Badesachen holen) direkt an den Wolga-Strand gefahren. Es war genial! Sonnenschein wie am Tag und ein leergefegter Strand - außer ein paar Frühschwimmern, die uns besoffene Gestalten verwundert bis fasziniert angestarrt haben, war niemand dort. Blöd war nur, dass ich gegen 12 Uhr in der prallen Mittagssonne eingeschlafen bin und deshalb die ganze Woche über mit dem übelsten Sonnenbrand kämpfen musste. Aber das ist zu verkraften für eine Anekdote aus meiner Russland-Zeit, die ich wahrscheinlich noch meinen Enkeln erzählen werde.
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