Ich hatte mich lange davor gedrückt diese eine Sache zu erledigen.
Nein, es geht nicht um Bewerbungen schreiben, Zimmer aufräumen, Sport treiben. Es geht um Postkarten. Genauer gesagt um zwei Postkarten nach Deutschland, die ich geschrieben habe, während mein Bein in Gips war, und die jetzt schon geraume Zeit darauf warteten in den Briefkasten geworfen zu werden. Das einzige was sie noch von ihrem Ziel trennte war der Gang zur Post um Briefmarken zu kaufen.
Eigentlich liebe ich Post. Nicht die Deutsche Post als Institution sondern Post im allgemeinen - die schönen Briefmarken, die freudige Erwartung beim Briefkasten öffnen, das Einwerfen in den Briefkasten und die Vorfreude beim Öffnen eines Paketes oder Briefes. Deshalb bin ich jetzt auch selbst ein bisschen überrascht, dass ein einfacher Besuch auf dem Postamt mich so viel Überwindung kostet.
Das größte Problem bei einem Postbesuch in Russland ist, dass man immer unendlich viel Zeit einplanen muss. Man betritt den Raum und sieht ungefähr 7-10 Menschen, die scheinbar durcheinander
herumstehen. In Wahrheit warten sie, ich habe nur noch nicht verstanden nach welchem Prinzip. Grundsätzlich gilt beim Warten in Russland das Prinzip "Dreist Gewinnt". Ich kann noch so lange auf einen Bus gewartet haben; wenn die Frau, die gerade vor einer Minute gekommen ist, dreisterweise vor mir einsteigt, bin ich die die stehen oder draußenbleiben muss. Im Supermarkt kommt es häufig vor, dass "Sie" mit einer Flasche Wasser in der Schlange steht und "Er" kurz vor der Kasse mit einem voll gefülltem Einkaufswagen an den Wartenden vorbeigeht und zu ihr aufschließt. Ich habe mich mittlerweile schon daran gewöhnt meine Ellenbogen gekonnt einzusetzen und meinem Vordermann immer so dicht aufzurücken, bis ich mit der Nase fast seinen Rücken berühre. Der einzige Ort, an dem diese rücksichtslosen Prinzipien zu meiner Erleichterung nicht gelten ist die Poliklinik. Hier wird zuerst behandelt, wer zuerst da war.
In der Post kommt zu den üblichen Warte-Problemen hinzu, dass es mehrere Schalter gibt, an die sich die Menschen von mehreren Seiten randrängen. Es ist schon häufiger vorgekommen, dass ich direkt am Schalter stand und dann kurz vorher noch jemand von links kam und vordrängelte.
Bis jetzt ist mir ein Rätsel geblieben, womit die Postangestellten den ganzen Tag verbringen. Meistens sieht man 5-6 durch die Gegend laufen, aber nur zwei davon sitzen an Schaltern. Diese schreiben unablässig etwas oder stempeln - keine Ahnung was. Selbst wenn ich nur Briefmarken kaufe wird erst mal jede Menge geblättert, geschrieben, getippt. Da man bei der Russischen Post alles erledigen kann - von Rente abholen, über Handy aufladen bis hin zu Waschmittel einkaufen, sind die Postangestellten dauerhaft beschäftigt ohne wirklich effizient zu sein.
Meine Postkarten bin ich letztendlich doch noch losgeworden. Beim Briefmarken kaufen bin ich mit einer 10cm-Highheel-Russin aneinander geraten, die auf die gewohnte Art vordrängeln wollte. Mit gekonntem Ellenbogeneinsatz und einer guten Portion Stutenbissigkeit (dafür reicht mein Russisch mittlerweile schon aus) habe ich jedoch meinen Platz verteidigt und dann lieber gleich zehn Briefmarken auf Vorrat gekauft.
Heute musste ich dann allerdings schon wieder zur Post, weil mein Paket angekommen ist. Zum Glück war es relativ leer und aufgrund der Klimaanlage wäre ich sogar gerne noch länger geblieben.
Das mit der Schokolade war keine so gute Idee. Alles andere ist allerdings wohlbehalten angekommen. Vielen Dank!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen