Dienstag, 15. November 2011

Von Eskimos und tanzenden Verkehrsschildern

Unsere allererste richtige selbstständige Arbeitswoche ist vorbei und so langsam habe ich das Gefühl, dass ich das ganze Institutionengefüge hier einigermassen durchschaue. Das Jugendhaus Schans («Дом молодежных организаций Шанс») ist eine Einrichtung der Abteilung für Kinder und Jugend der Stadt Togliatti und ist für einen großen Aufgabenbereich zuständig. Das zentrale Büro ist zuständig für die Koordination des gesammten Schans-Apparates sowie für die (finanzielle) Unterstützung von benachteiligten Kindern. Zusätzlich gibt es noch ein Büro, das für die Vermittlung von Mini-Jobs an Jugendliche zuständig ist. Und zu guter letzt die Stadteilhäuser, die direkt mit den Jugendlichen arbeiten. Sie sind einerseits Jugendzentrum; das heißt die Jugendlichen und Kinder kommen nach der Schule in die Häuser um sich dort zu treffen, zu spielen, zu basteln etc., andererseits arbeiten die Mitarbeiter auch direkt mit den Schulen zusammen und führen dort Projekte durch.  


Von diesen Häusern gibt es insgesammt drei, wir haben aber bisher erst zwei besucht. Das ältere von beiden liegt in einem sozialen Brennpunktviertel (wurde uns zumindest so dargestellt). Leider (oder zum Glück) liegt dieses Viertel von uns so weit wie nur irgend möglich entfernt. Mit der Marshrutka (Minibus) dauert es bis zu 1,5 Stunden von uns bis nach Kosmolskaja (so heißt das Viertel). Bis jetzt waren wir zwei Tage in diesem Haus. Der Schwerpunkt liegt dort eher im kreativen Bereich. Die Jugendlichen basteln und handwerken viel, üben Theaterstücke und Vorführungen ein. Am ersten Tag waren wir mit der Gruppe bei einem Kontest für Verkehrserziehung, bei dem unterschiedliche Schulen Theaterstücke und Tänze zum Thema Sicherheit im Straßenverkehr aufgeführt haben. Drei Stunden lang tanzende Verkehrsschilder... Aber immerhin habe ich eine neue Vokabel gelernt: светофор - Ampel. 

Herausgeputzte Kinder warten auf ihren Auftritt
Unsere Schans-Gruppe
Die Sieger (Streber...)
Am Samstag waren wir noch einmal in diesem Haus und haben an einem "Intelektuellen Spiel" teilgenommen. Die scheinen hier in Russland recht populär zu sein; wir wurden schon zu dreien eingeladen. Es ist im Prinzip ein Quiz-Wettbewerb, bei dem die Jugendlichen in Gruppen gegeneinander antreten müssen und Fragen beantworten. Da das ganze natürlich auf Russisch abläuft, konnten wir keinen einzige Frage beantworten, aber anscheinend waren wir mit den klügsten Jugendlichen in einer Gruppe, denn wir haben den Wettbewerb gewonnen. Anschließend haben wir den Abend noch mit einigen Mitarbeitern und Jugendlichen dort verbracht. Das tolle ist, dass einige der Jugendlichen dort wirklich ziemlich gut englisch sprechen. Dadurch kann man sogar mal Unterhaltungen führen und muss sich nicht immer nur mit Händen und Füßen verständigen. Während wir so zusammensaßen hatte irgendjemand die "tolle" Idee, uns in die Kostüme aus der Themenwoche "Eskimos und Indianer" zu stecken:
Eskimos in Kosmolskaja (ganz authentisch mit Schee!)







































Das zweite Schans-Haus liegt näher an unserer Wohnung, in der Ulitzs Primorskii. Wir waren schon häufiger dort, auch weil uns die Mitarbeiter angeboten haben uns Russisch-Unterricht zu geben, wenn wir ihnen im Gegenzug Deutsch beibringen. Da immer noch kein richtiger Sprachkurs in Sicht ist, haben wir das Angebot natürlich gerne angenommen. Als wir das erste Mal in dem Haus waren, wurden wir sehr herzlich begrüßt mit Trachten, Brot und Salz und Willkommensritualen. Das Haus kommt mir im Vergleich zu dem andern immer wie ein chaotischer Haufen vor. Die Mitarbeiter haben sich ihre Räume in Zusammenarbeit mit Jugendlichen selbst aus zwei ehemaligen Wohnungen gebaut, weshalb der Platz sehr begrenzt ist. In der Gruppe sind sowohl Kinder als auch Jugendliche und alle sind aufgedreht und voller Energie, laufen pausenlos rum, kreischen, die Jungs schnappen sich die Mädchen und schmeißen sie nach draußen in den Schnee etc. Die Mitarbeiter bespassen ab und zu alle mit ein paar Spielchen und das wars. Als wir das erste Mal da waren, dachte ich, dass nur alles so wuselig ist, weil wir da sind und das was Besonderes ist, aber heute war es genauso. Schlimmer als in Mamas Spielkreis.



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